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Das Lichtspiel (Filmtheorie)
Hugo Münsterberg (1863 - 1916) war ein deutsch-amerikanischer Psychologe, Mediziner und Philosoph und Mitbegründer der angewandten Psychologie. Er war zugleich einer der ersten Theoretiker des frühen Kinos. In seinem letzten Lebensjahr 1916 veröffentlichte er das Buch „Das Lichtspiel. Eine psychologische Studie“.
Lesen Sie bitte daraus den folgenden Auszug und beantworten Sie die unten stehenden Fragen.
„Das Lichtspiel zeigte eine Darbietung, wenngleich rasch oder ungewöhnlich, so wie sie in der Außenwelt abliefe. Eine neue Perspektive tat sich auf, als die Regisseure des Filmspiels die Großaufnahme und ähnliche Methoden einführten. [...] Diese Großaufnahme läßt jedes Bühnengeschick weit hinten sich. Plötzlich sehen wir nicht Booth selbst, wie er den Präsidenten zu ermorden versucht, sondern nur seine den Revolver haltende Hand und das Spiel seiner erregten Finger, die das gesamte Blickfeld ausfüllen. [...]
Die Nutzung von natürlichem Milieu, der rasche Ortswechsel, die Verflechtung von Handlungen an verschiedenen Schauplätzen, die Veränderungen des Handlungsrhythmus, das Durchleben physisch unmöglicher Erfahrungen, die Verbindung unverbundener Bewegungen, die Realisierung übernatürlicher Effekte, die gigantische Vergrößerung winziger Einzelheiten [...]. All das zeigt, daß der Fortschritt des Lichtspiels nicht zu einer immer vollkommeneren photographischen Reproduktion der Theaterbühne, sondern gänzlich weg vom Theater führte. Eine oberflächliche Betrachtung legt das Gegenteil nahe, und noch verharrt der ästhetisch sorglose Beobachter in dem Glauben, daß das Lichtspiel ein billiges Substitut des eigentlichen Schauspiels sei, eine Theateraufführung, so gut oder so schlecht, wie es die photographische Reproduktion eben erlaube. Aber diese traditionelle Vorstellung geht vollkommen fehl. Die Kunst des Lichtspiels hat so viele neue eigenständige Züge entwickelt, Züge, die noch nicht einmal irgendeine Ähnlichkeit mit der Technik der Bühne haben, sodaß sich die Frage stellt: Handelt es sich nicht tatsächlich um eine neue Kunst, die die bloße filmische Reproduktion des Theaters lange hinter sich gelassen hat und die in ihrer eigenen ästhetischen Unabhängigkeit anerkannt werden sollte? Dieses Recht auf unabhängige Anerkennung ist bislang ignoriert worden. [...]
Endlich haben wir das eigentliche Problem dieses kleinen Buches erreicht. Wir wollen das Recht des bislang von der Ästhetik ignorierten Lichtspiels untersuchen, als eine eigenständige Kunst, die völlig neuen mentalen Lebensbedingungen unterliegt, angesehen zu werden. Was wir für diese Untersuchung brauchen, ist offenbar zuerst eine Einsicht in die Mittel, mit denen der Film uns beeindruckt und uns anspricht. Nicht die physischen Mittel und technischen Geräte stehen zur Debatte, sondern die seelischen Mittel. Welche psychologischen Faktoren sind daran beteiligt, wenn wir das Geschehen auf der Leinwand beobachten? Zweitens aber müssen wir danach fragen, wodurch die Eigenständigkeit einer Kunst charakterisiert wird, was die Bedingungen, denen die Werke einer besonderen Kunst unterliegen, konstituiert.“
Literatur: Hugo Münsterberg: Das Lichtspiel. Eine psychologische Studie. Wien 1996 [O. 1916], S.39f.
Die ersten Texte und Theorien zum frühen Kino zeichnen sich dadurch aus, dass die Autoren versuchten, das Kino als eigenständige Kunstform zu legitimieren. Das Kino und der Film wurden in den ersten zwei Jahrzehnten nach ihrer Entstehung um 1895 als banale Unterhaltungsform angesehen, die nicht in den Rang der Künste des Theaters, der Musik oder der bildenden Kunst gehört. Dieser Diskurs um Anerkennung als Kunstform schloss sich an den zuvor eingeleiteten Diskurs um den Stellenwert der Photographie an.
Die Nähe des Films zum Theater durch den szenischen und dramatischen Aufbau war für viele Autoren der Anlass, beide Kunstformen zu vergleichen, um die Spezifika der ästhetischen Gestaltung des Films herauszuarbeiten.
Wodurch zeichnet sich laut Münsterberg das Lichtspiel aus?
Hugo Münsterberg betont in seinem Text die Notwendigkeit, das Lichtspiel unter den Gesichtspunkten einer eigenständigen Kunstform zu betrachten. Laut Münsterberg ist das Lichtspiel kein Substitut für eine Theateraufführung. Stattdessen bietet das Lichtspiel eigene ästhetische Besonderheiten (wie etwa der Einsatz von Großaufnahmen), die über die Möglichkeiten des Theaters hinausgehen.
Welche ästhetischen Besonderheiten des Lichtspiels nennt Münsterberg im Unterschied zum Theater? (Mehrere Antworten können richtig sein.)
Münsterberg kritisiert die Einschätzung, dass das Lichtspiel nur aus der Perspektive einer photographischen Reproduktion des Theaters betrachtet wird. Für ihn führen die ästhetischen Mittel des Films „gänzlich weg vom Theater“. Der Einsatz von Methoden wie der Großaufnahme und von „übernatürlichen Effekten“ u.a. bildet die Grundlage für eine neue ästhetische Betrachtung des Lichtspiels, abseits einer „filmischen Reproduktion des Theaters“. Die Besonderheit des Films ist es, auch Szenerien der Außenwelt – abseits der Theaterbühne – darzustellen, sog. „natürliche Milieus“ und Handlungen an verschiedenen Schauplätzen zu verflechten.
Welche Faktoren sollen in Münsterbergs Untersuchung des Lichtspiels im Vordergrund stehen? (Mehrere Antworten können richtig sein.)
In seiner Untersuchung des Lichtspiels möchte sich Münsterberg auf die ästhetische Erfahrung des Zuschauers und dessen filmische Wahrnehmung konzentrieren. Es geht ihm darum, die Mittel herauszuarbeiten, „mit denen der Film uns beeindruckt und anspricht“. Als Psychologe und Philosoph interessieren ihn vor allem die psychologischen Faktoren der Filmwahrnehmung. Ebenso macht Münsterberg deutlich, dass es ihm nicht um eine Betrachtung der apparativen Filmtechnik (physische Mittel und technische Geräte) geht. Um herauszufinden, ob der Film als eigenständige Kunstform zu bezeichnen ist, möchte Münsterberg auch die Frage nach den Wesensmerkmalen einer eigenständigen Kunst beantworten.
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