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Themen und Motive in den Canterbury Tales (Medieval Literatures)
Geoffrey Chaucer (ca. 1343-1400) ist der heute bekannteste Dichter des englischen Mittelalters. Hauptberuflich war er jedoch im Staatsdienst und am Hof tätig, u.a. in der Finanzverwaltung. Chaucers Werke waren bereits im Mittelalter weit verbreitet, wie die große Anzahl noch vorhandener Handschriften und früher Drucke seiner Werke belegt. Sie beeinflussten schon Autoren der frühen Neuzeit wie William Shakespeare und Alexander Pope nachweislich und werden auch heute noch in britischen und amerikanischen Schulen gelesen. Sein bekanntestes Werk sind die Canterbury Tales.
Bei den Canterbury Tales handelt es sich um eine Sammlung von zwei Dutzend thematisch unabhängigen Geschichten in Versform, die aus insgesamt über 17.000 Zeilen bestehen und durch eine Rahmenhandlung verbunden sind. In dieser Rahmenhandlung, die in einleitenden Texten zu den jeweiligen Geschichten sowie im sogenannten „General Prologue“ erzählt wird, treffen rund dreißig Figuren aus unterschiedlichen Ständen – unter ihnen der „Geoffrey“ genannte Ich-Erzähler – in einem Gasthaus zusammen. Da sie sich alle auf Pilgerfahrt zum Schrein des heiligen Thomas Becket befinden, der als Erzbischof von Canterbury 1170 ermordet und daraufhin zum Märtyrer und Heiligen erklärt wurde, beschließen sie, gemeinsam zu reisen und sich zum Zeitvertreib Geschichten zu erzählen. Der Wirt Harry Bailey reist als selbsternannter „Literaturkritiker“ mit, um die beste Geschichte auszuwählen, die dann mit einem Festmahl in seinem Gasthof – zu zahlen von den übrigen Pilgern – prämiert werden soll. Obwohl beschlossen wird, dass jeder Pilger insgesamt vier Geschichten erzählen soll, existieren insgesamt nur 24; das Werk ist also möglicherweise unvollständig oder unvollendet. Der „General Prologue“, von dem hier die ersten 18 Zeilen zitiert sind, umfasst insgesamt über 850 Verse und liefert neben der Einführung in die Handlung auch eine detailliert ausgestaltete Vorstellung der unterschiedlichen Pilger.
Fragment I (Group A)
GENERAL PROLOGUE
*
Here bygynneth the Book of the Tales of Caunterbury.
Whan that Aprill with his shoures soote
The droghte of March hath perced to the roote,
And bathed every veyne in swich licour
Of which vertu engendred is the flour;
5 Whan Zephirus eek with his sweete breeth
Inspired hath in every holt and heeth
The tendre croppes, and the yonge sonne
Hath in the Ram his half cours yronne,
And smale foweles maken melodye,
10 That slepen al the nyght with open ye
(So priketh hem nature in hir corages),
Thanne longen folk to goon on pilgrimages,
And palmeres for to seken straunge strondes,
To ferne halwes, kowthe in sondry londes;
15 And specially from every shires ende
Of Engelond to Caunterbury they wende,
The hooly blisful martir for to seke,
That hem hath holpen whan that they were seeke.
The Canterbury Tales, excerpt from the General Prologue (ll. 1-18), The Riverside Chaucer, 3rd edition, ed. Larry D. Benson (Oxford: Oxford University Press, 2008), p. 23.
1 his: its shoures soote: sweet, fragrant showers
2 droghte: dryness perced: pierced
3 veyne: vein (of the plants) swich licour: such liquid
4 Of which vertu: by which power
5 Zephirus: the west wind (which blows in spring)
6 Inspired: breathed life into holt and heeth: grove and field
7 croppes: shoots, new leaves yonge: young, because the solar year has just begun with the vernal equinox. The sun has passed through the second half of the zodiacal sign Aries (the Ram); the time is thus late April.
10 ye: eye
11 priketh hem: spurs, incites them hir corages: their spirits, hearts
13 palmeres: professional pilgrims who had been to the Holy Land and carried a palm frond as their emblem straunge strondes: foreign shores
14 ferne halwes: distant shrines kowthe in sondry londes: known in various lands (i.e., famous)
17 blisful martir: blessed martyr, St. Thomas à Becket
18 hem hath holpen: helped them seeke: sick
Ordnen Sie den vier Textabschnitten ihr Thema zu.
Abschnitt 1: Zeilen 1-8
Die spezielle Art und Weise, wie der Prolog eingangs das alljährliche Frühlingserwachen schildert (z.B. Nennung der Frühlingsmonate April und März sowie des entsprechenden Tierkreiszeichens, Schilderung typischer Wetterphänomene wie Regen und warmer Wind, Beschreibung sprießender und erblühender Pflanzen etc.), war einer gebildeten Leserschaft als etabliertes literarisches Motiv aus zahlreichen kanonischen Texten bestens vertraut. Chaucer inszeniert sich somit schon von den ersten Zeilen an als versierter Literat und Kenner europäischer Literaturtraditionen.
Abschnitt 2: Zeilen 9-11
In dieser Passage greift der Prolog auf ein ebenso beliebtes wie bekanntes höfisches Motiv zurück: das lautstarke Liebeswerben der Vögel dient hier als stark erotisch aufgeladene Metapher für das Erwachen menschlicher Leidenschaft. Das auf dem doppelten Wortsinn des Begriffes „prick“ beruhende deftige Wortspiel (pun) stellt dabei eine eindeutige Anspielung auf die sexuellen Aktivitäten dar, die der Text augenzwinkernd mit durchwachten Frühlingsnächten assoziiert.
Abschnitt 3: Zeilen 12-14
Indem sich diese Zeilen explizit auf Pilgerfahrten – insbesondere ins Heilige Land – beziehen, rufen sie ein bedeutendes soziokulturelles Massenphänomen des späten Mittelalters auf: Zahlreiche Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten unternehmen religiös motivierte Reisen über teils enorme Distanzen und sind im wahrsten Sinne des Wortes „in Bewegung“. Der Verweis auf Pilgerfahrten zu den heiligen Stätten Palästinas bindet den Text automatisch auch in außereuropäische politische Zusammenhänge ein und stellt einen Zusammenhang mit historischen Schlüsselereignissen wie den Kreuzzügen her. Darüber hinaus liegt in dieser Passage aber auch eine besondere ironische Pointe: Nachdem der Text zunächst mit großem Gusto eine erotisch aufgeladene Frühlingsszene präsentiert hat, erfolgt in Zeile 12 ein abrupter Wechsel zur Pilgerthematik und somit zu einem eigentlich religiös geprägten Diskurs.
Abschnitt 4: Zeilen 15-18
Im letzten zitierten Textteil wird deutlich, dass das Ziel der Pilger alles andere als zufällig ausgewählt ist: Canterbury mit seiner Kathedrale und den Reliquien des Märtyrers Becket ist das spirituelle Zentrum nicht nur eines bedeutenden Erzbistums, sondern ganz Englands. In der Person von Thomas Becket, dessen Ermordung schon von Chaucers Zeitgenossen als Resultat eines machtpolitischen Konfliktes zwischen Kirche und Krone wahrgenommen wurde, zeigen sich Religion und Politik mithin als unlösbar miteinander verquickt. Wenn der Text in diesem Zusammenhang von „shires“ spricht, so verweist er überdies auf eine administrative Struktur, in der hinter den einzelnen Verwaltungseinheiten bereits England als politisches Ganzes aufscheint. Ein aufkommendes Nationalbewusstsein wird hier ebenso spürbar wie ein sich abzeichnender Zentralismus, der in seiner spirituell-religiösen Ausprägung auf Canterbury hin ausgerichtet ist, während sich zeitgleich London zunehmend als säkulares Gegenstück hierzu entwickelt.
Erotische Anspielung
Frühling als zeitgenössische literarische Konvention
Verweis auf religiöse Praxis im Spätmittelalter
Verknüpfung von Politik und Religion
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