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Sozial- und Kulturanthropologie (B.A.)

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Welche Methoden verwenden Sozial- und Kulturanthropolog_innen?

Die Sozial- und Kulturanthropologie gewinnt ihre Erkenntnisse im Rahmen von Feldforschungen. Dies bedeutet, dass Sozial- und Kulturanthropolog_innen sich für längere Zeit (mehrere Monate bis Jahre) in die Gemeinschaften begeben, für die sie sich interessieren und versuchen, an deren alltäglichem Leben teilzunehmen. Das Ziel dieses Vorgehens liegt darin, durch teilnehmende Beobachtung die Strukturen, Regeln, Normen, Denkkonventionen und Verhaltensweisen der untersuchten Gruppe „von Innen“, also aus der Perspektive der jeweiligen Akteure zu erfassen. Dahinter steht die Auffassung, dass es bei sozial- und kulturanthropologischem Forschen zunächst darauf ankommt, die Aspekte aufzudecken, die von zentraler Bedeutung in den jeweils betrachteten Gemeinschaften sind und nicht mit vorgefertigten Annahmen an andere Lebenswelten heranzutreten. In der ersten Feldforschungsphase erkunden Sozial- und Kulturanthropolog_innen zunächst durch offene Beobachtung, wie das Leben der untersuchten Gruppe strukturiert ist und wie einzelne Mitglieder der Gruppe ihre Welt wahrnehmen, deuten und (oft auch selbst) hinterfragen. Erst in späteren Phasen werden dann Hypothesen und präzise Forschungsfragen gebildet.

Diverse Lebenswelten

Die Lebenswelten, die Sozial- und Kulturanthropolog_innen untersuchen, sind äußerst divers. Hierbei kann es sich um kleine Dorfgemeinschaften auf fernen Inseln, um Stadtviertel oder Straßenzüge in Großstädten, um Migrant_innengemeinschaften in Deutschland oder um Straßenkinder in Indonesien handeln, aber auch um ein modernes Industrieunternehmen, einen kleinen Handwerksbetrieb oder um eine Online-Gemeinschaft.

Methodisches Vorgehen

Die Eingliederung in andere Lebenswelten stellt keineswegs ein einfaches Unterfangen dar, sondern verlangt den Forscher_innen ein Höchstmaß an Anpassungsfähigkeit und Flexibilität ab sowie die Bereitschaft den eigenen kulturellen Horizont zu überschreiten. Die teilnehmende Beobachtung als Rahmenmethode erfordert zudem ein ständiges Ausbalancieren von Distanz und Nähe. Zu dieser Methode kommen meistens verschiedene Formen von Interviews, intensive Fallstudien aber auch quantitative Erhebungen hinzu.

 

Erfahren Sie Näheres über die Forschungserfahrungen von Mitarbeiter_innen des Instituts für Sozial- und Kulturanthropologie:

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Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössler
Ich forsche seit den 80er Jahren in Indonesien. Meine wichtigsten und längsten Feldforschungen habe ich bei den Makassar in Südsulawesi durchgeführt, wobei mich verschiedene Themen interessierten wie z.B. soziale Ungleichheit, Geschlechterverhältnisse, Emotionen. Die Eingliederung in die hierarchisch organisierte, extrem statusbetonte makassarische Gesellschaft und das Erlernen der komplexen sozialen Etikette war ein schwieriger Prozess. Hilfreich hierbei war, dass ich (sowie mein Mann und später unsere Kinder) in eine der Familien des Dorfes integriert wurden, deren zahlreiche Mitglieder als unsere „kulturellen Übersetzer“ fungierten: sie erklärten nicht nur uns ihre Welt, sondern auch den anderen Dorfbewohnern unsere Andersartigkeit.  Mittlerweile habe ich zahlreiche Forschungen in dieser Region durchgeführt und durch diese Langzeitperspektive tiefe Einblicke in gesellschaftliche Veränderungsprozesse bekommen. Ich habe inzwischen eine ganze Generation heranwachsen sehen und es sind Freundschaften entstanden, die bereits eine 25jährige Geschichte haben: wenn ich jetzt zurückkehre, genieße ich, die verbindende Kraft, die dem Teilen von Erinnerungen innewohnt.
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Prof. Dr. Hansjörg Dilger

Meine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. im Bereich Medizin- und Religionsethnologie – wobei hier ganz unterschiedliche Subthemen wie Verwandtschaftsbeziehungen, politisches Handeln im Kontext von Nicht-Regierungsorganisationen, oder auch die Lebenswelten von Schülern und Lehrern in christlichen und muslimischen Schulen  in den Vordergrund treten.  Regional konzentrieren sich meine Feldforschungen seit Mitte der 1990er Jahre vor allem auf das urbane und ländliche Tansania, weshalb ich zunächst die Landessprache Kiswahili erlernt habe.  Darüber hinaus habe ich unterschiedliche Methoden in meinen ethnographischen Forschungen eingesetzt und ihre jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen kennengelernt – gerade auch in forschungsethischer Hinsicht. Teilgenommen habe ich am Alltag von Menschen, die im Kontext von HIV/AIDS mit einer Vielzahl von Krankheits- und Todesfällen im unmittelbaren familiären und sozialen Umfeld konfrontiert sind. Während meiner letzten Forschung habe ich über einen längeren Zeitraum hinweg den Alltag und Unterricht von Schülern und Lehrern in sechs verschiedenen Schulen in Dar es Salaam begleitet. Diese ganz unterschiedlichen Perspektiven und Lebenswelten – und die Möglichkeit, mit einem ethnographischen Blick tief in diese einzutauchen – sind das Spannende, aber auch das immer wieder Unerwartete und neu Herausfordernde im Fach Ethnologie.

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Prof. Dr. Thomas Stodulka

Meine Forschungsinteressen umfassen den Bereich der Psychologischen Anthropologie und der ethnographischen Kindheits- und Jugendforschung. Meine Doktorarbeit habe ich zum Erwachsenwerden auf der Strasse in Indonesien verfasst, wo ich zwischen 2001 und 2015 insgesamt über vier Jahre gelebt und geforscht habe.  Dabei habe ich in erster Linie emotionale Ökonomien von jungen Männern erforscht und mir die Frage gestellt, wie marginalisierte Personen und Gemeinschaften es schaffen mit Stigmatisierung, struktureller Gewalt und chronischen (auch psychischen) Erkrankungen umzugehen, um ein ‚gutes Leben‘ zu führen. Methodisch habe ich dabei neben der teilnehmenden Beobachtung und unterschiedlichen Interview- und Gesprächstechniken einen akteurzentrierten Ansatz mit action anthropology (angewandte Forschung) verbunden. Dabei kamen Video-, Foto- und Theatertechniken, und Methoden aus der PAR (participatory action research) zum Einsatz. Nach meiner Doktorarbeit widmete ich mich überwiegend der Fragestellung, welche Rolle die Emotionen und Affekte von Feldforscher*innen im ethnographischen Forschungsprozess spielen. Dabei habe ich gemeinsam mit Kolleg*innen aus der Literaturwissenschaft und der Primatologie einen Methodenmix angewendet und weiter entwickelt, um diese zu analysieren: Affektskalen, free listing und pile sorting, Leitfadeninterviews, Emotionstagebücher, machine-based learning tools, Statistik, Emotionsdiktionäre, und Textanalysemethoden aus der Vergleichenden Literaturwissenschaft. Zudem habe ich in einem interdisziplinären Forschungsprojekt zu Neid im interkulturellen Vergleich mit experimentell arbeitenden Psycholog*innen und Neurowissenschaftler*innen und Kolleg*innen aus der Soziologie und Philosophie geforscht (Interviews, Fragebögen und bargaining games auf indonesisch, japanisch, und deutsch) sowie eine interdisziplinäre Kollaboration (SKA, IT, Archivwissenschaften, Geschichte, Soziologie, Linguistik, Digital Humanities) zu Big Data durchgeführt.  

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Dr. Anita von Poser

Im Rahmen meiner Promotion lebte und forschte ich zwischen 2004 und 2010 insgesamt 23 Monate in einer lokalen Gesellschaft im Nordosten von Papua New Guinea, wo ich mich der sozialethnologischen Frage widmete, wie Verwandtschaft tatsächlich „gelebt“ wird und welche Rolle hierbei der kulturellen Dimension von Empathie und spezifischen Nahrungspraktiken zukommt. Meine theoretischen Schwerpunkte, die vor allem im Bereich der psychologischen Anthropologie liegen, verfolge ich auch in meinem derzeitigen Forschungsprojekt, das sich aus interdisziplinärer Perspektive dem Zusammenspiel von Zugehörigkeiten, Alter(n) und Im-/Mobilität in vietnamesischen Lebenswelten Berlins widmet. Mein ethnographisches Vorgehen in diesen beiden Forschungsfeldern ist von einem Lifecourse-Verständnis geprägt, das es mir erlaubt, die affektiven und emotionalen Dimensionen sozialer Beziehungen in ihren zeitlichen und räumlichen Bezügen besser zu versehen.


Meine Arbeit lässt sich im weiteren Feld zwischen Umwelt-, Entwicklungs- und Medizinanthropologie sowie Wissenschafts- und Technikforschung verorten. Ich habe bisher Feldforschungen in Sudan, Uganda und Australien in sehr unterschiedlichen ethnographischen Kontexten betrieben. Neben teilnehmender Beobachtung, habe ich biographische und Experteninterviews sowie Mini-Zensus durchgeführt und habe in Uganda und Großbritannien Archivarbeit zur ugandischen Geschichte von Hunger, Mangelernährung und kolonialen Agrarexperimenten betrieben. Meine Promotionsforschung fußte empirisch auf fast einem Jahr ethnologischer Feldforschung im ländlichen Nordostsudan und handelte vom Umgang mit alltäglichen und existenziellen Ungewissheiten (Krankheit, Hunger, Armut etc.). Für mein Post-Doc-Projekt habe ich bisher 13 Monate überwiegend mit Molekularbiologen und Pflanzenzüchtern der ugandischen National Agricultural Research Laboratories (NARL) im peruurbanen Raum Kampalas verbracht - in deren Laboren, Gewächshäusern und Testfeldern - sowie zwei Monate an der Partnerinstitution der NARL, den Biotechnologielaboren der Queensland University of Technology in Brisbane, Australien. Inhaltlich geht es um die Herstellung einer nährstoffangereicherten GM-Banane, die als Strategie gegen Mikronährstoffmangel eingesetzt wird. Im Laufe der Zeit habe ich meine Feldforschungen auf mehrere Standorte ausgeweitet und beziehe unterschiedliche Perspektiven mit ein: konventionellen Gartenbau, kommerzielle Bananenplantagen, Einrichtungen zur Rehabilitierung mangelernährter Kinder, Heilungszeremonien, Ernährungsinterventionen in Uganda und Erhebungen internationaler Organisationen sowie internationale Ernährungsgipfel außerhalb Ugandas.