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Sandra Grabowski und Sebastian Hageneuer, Freiberufliche Archäologen und 3D-Grafiker
Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor? Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?
Wir haben uns bereits während unseres Studiums zusammengefunden und das Grafik-Büro Artefacts für wissenschaftliche Visualisierungen und 3D-Rekonstruktionen gegründet. Unseren Kundenkreis bilden vor allem archäologische Projekte an Unis, Museen oder wissenschaftlichen Institutionen, welche ihre Forschungsergebnisse mit unserer Hilfe aufbereiten und präsentieren möchten oder beispielsweise einen Internetauftritt oder eine Ausstellung planen. Durch unseren Studienschwerpunkt im Bereich der Vorderasiatischen Archäologie beschäftigen wir uns aber hauptsächlich mit der Rekonstruktion und Visualisierung von antiker Lehmziegelarchitektur.
Der Arbeitsablauf variiert je nach aktuellem Projekt, beinhaltet jedoch meist die wissenschaftliche Recherche, die intensive Kommunikation mit dem Kunden, die Konzept- und Ideenfindung sowie die Umsetzung am Computer mithilfe diverser Grafik-, 3D- und Compositingsoftware.
Nicht zu vergessen ist außerdem der erhebliche Zusatzaufwand, den man als Selbstständige/r im Bereich der allgemeinen Geschäftsführung, der Buchhaltung oder der Kundenakquise hat. Zu letzterer zählen beispielsweise auch die Präsenz auf Vorträgen und Kongressen oder die Arbeit im heutzutage immer wichtiger werdenden Social-Media Bereich.
Unsere Arbeitszeiten haben sich im Laufe der Jahre immer stärker einem normalen Acht-Stunden-Tag angepasst. Natürlich lässt es sich nicht immer vermeiden, auch einmal an den Wochenenden am Schreibtisch zu sitzen; wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich gerade bei einer kreativen und inhaltlich anspruchsvollen Tätigkeit, die Produktivität und Qualität der Arbeit durch einen regelmäßigen und festen Arbeitsablauf sowie ausreichend Freizeit erheblich steigern lassen.
Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Studium der Altertumswissenschaften entschieden?
Wir haben uns beide aus unterschiedlichen Gründen für das Studium der Vorderasiatischen Archäologie entschieden. Sandra wollte nach einer Ausbildung zur Grafik-Designerin, also einem eher „handfesten“ Beruf, doch noch ihrem persönlichen Interesse an alten Kulturen nachgehen. Sebastian entschied sich hingegen zunächst einmal nur versuchsweise für ein Studium der Archäologie und entwickelte sein großes Interesse am Fach erst im Laufe des Studiums.
Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierende erfüllt?
Während des Studiums haben wir uns bereits für die Architekturbearbeitung interessiert, passende Seminare belegt und auch die Themen unserer Abschlussarbeiten entsprechend gewählt. Durch unseren Background in den Bereichen Grafikdesign und IT bekamen wir bereits im Laufe des Studiums die ersten kleinen Aufträge, die wir damals noch abends neben unseren Seminarvorbereitungen und Hausarbeiten erledigten. Nach unserem Abschluss erlaubte es dann die Auftragslage, dass wir erst in Teil-, dann relativ schnell in Vollzeit in unserem Beruf arbeiten konnten.
Da wir somit gewissermaßen in unser Arbeitsfeld „hineingewachsen“ sind, gab es für uns eigentlich keine großen Überraschungen bezüglich des Berufsalltags. Einzig die vielfältigen bürokratischen und verwaltungstechnischen Aufgaben, die ständig neben unserer eigentlichen Arbeit anfallen, hätten für unseren Geschmack gern etwas geringer ausfallen dürfen.
Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?
Da es unser Beruf ist, komplexes wissenschaftliches Material aufzuarbeiten und verständlich zu machen, profitieren wir natürlich sehr von den vielfältigen Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens, die man in jedem geisteswissenschaftlichen Studiengang vermittelt bekommt. Durch das Studium lernt man, mit solchem Material umzugehen, es zu filtern und richtig lesen zu können, auch wenn es nicht direkt aus dem eigenen Fachgebiet stammt.
Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?
Unser wichtigstes Werkzeug ist die Fähigkeit zum konzeptuellen Arbeiten. Man sollte in der Lage sein, auch bei größeren oder sich zeitlich überschneidenden Projekten inhaltlich und organisatorisch den Überblick zu behalten und sich zwar mit Detailfragen zu beschäftigen, darüber hinaus aber das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Diese Fähigkeit lernt man in einem geisteswissenschaftlichen Studium nicht direkt. Uns kamen hier die Kenntnisse und Arbeitsweisen aus dem Bereich des Grafikdesign sehr zugute.
Zusätzlich sind für uns der Umgang mit zahlreichen Grafik- und 3D-Programmen, gute Programmierkenntnisse und generell ein technisches Verständnis essentiell. Die große Bandbreite der zu beherrschenden Programme entwickelte sich bei uns schrittweise mit zunehmender Komplexität der Aufträge. Einige grundlegende Anwendungen und ein generell sicherer Umgang am Computer lassen sich aber bereits gut neben dem Studium Stück für Stück autodidaktisch erlernen.
Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Wir haben während unseres Studiums an einem hervorragenden Kurs bei Prof. Dominik Bonatz teilgenommen, in welchem wir gemeinsam eine kleine Ausstellung zum Gilgamesch-Epos erarbeitet, organisiert und umgesetzt haben. Man hat dabei praktisch gelernt, in einem größeren Team zu arbeiten und die vielfältigen Aufgaben sinnvoll zu verteilen. Dabei hatten wir größtmöglichen Freiraum und konnten selbstständig Entscheidungen treffen und die Ausstellung gestalten. Dies hat zu einer hohen Motivation aller Beteiligten geführt und uns mit Bereichen wie Drittmittelbeschaffung, Ausstellungsdesign und Außendarstellung vertraut gemacht. Die Ausstellung war zunächst in der Urania Berlin zu sehen und wurde dann aufgrund der guten Resonanz erneut im Museum August Kestner in Hannover und im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg gezeigt. Praktisch orientierte Seminare wie dieses sollten unserer Meinung nach öfter angeboten werden, denn sie bieten den Studierenden eine erste Vorstellung von möglichen späteren Betätigungsfeldern.
Welchen Rat würden Sie StudienanfängerInnen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?
Der Beruf als solcher ist vielseitig und inhaltlich äußerst interessant. Jedes Projekt stellt neue Anforderungen und es kommt selten Routine auf. Dies kann allerdings, je nach persönlichem Temperament, sowohl als Vorteil als auch als Nachteil wahrgenommen werden. Wer sich einen mehr oder weniger vorhersehbaren Arbeitsalltag mit festen Zeiten und finanzieller Absicherung wünscht, der ist sicherlich in einem Angestelltenverhältnis besser aufgehoben. Jede selbstständige Tätigkeit verlangt ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Engagement und kann daher sehr kräftezehrend sein. Darüber hinaus erfordert es die rasante technologische Entwicklung, vor allem im Bereich der 3D-Visualisierungen, sich ständig neues Wissen und neue Fähigkeiten anzueignen.
Unser Rat an StudienanfängerInnen ist es daher, erst einmal sehr genau das eigene Arbeitstemperament zu prüfen, bevor man sich inhaltlich festlegt. Man sollte sich in jeder Arbeitssituation einmal selbst erlebt haben, evtl. durch Praktika, eigene kleine Projekte oder auch den „festen“ Studentenjob, um einschätzen zu können, ob man trotz der hohen Anforderungen einer selbstständigen Tätigkeit, Spaß an der Arbeit haben kann.