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PD Dr. Sabine Reinhold, wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Forschungsinstitut
Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor? Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?
Erwähnt man in einem Gespräch, man sei Archäologin, wird man schnell viele neidvolle Blicke ernten und etliche Male hören „.. oh, dass wollte ich auch werden.“ Archäologie fasziniert und dies auch jenseits von Indiana Jones-Filmen oder Ausstellungen zum „Gold in…“. Dabei hat unser Beruf wenig mit Abenteuer und Reichtum, sondern viel mehr mit Geduld, Mühseligkeit und Akkuratesse zu tun. Archäologen und Archäologinnen versuchen auf Basis der wenigen materiellen Überreste, die uns der Boden hinterlässt vergangenes Leben zu rekonstruieren. Dazu bedarf es eines großen Interesses auch für Bereiche außerhalb der eigentlichen Disziplin – angefangen mit dem Wissen um die Transformation von Dingen im Boden über anthropologisches Grundwissen bis hin zu komplexen gesellschaftlichen Modellen der Soziologie.
Vor allem in der Prähistorischen Archäologie sind Bodenfunde die einzige Quellengattung. Diese gilt es zu entdecken und auszugraben – daher ruht vielleicht die Verbindung von Archäologie und Abenteuer. Denn in der Tat führen archäologische Expeditionen nicht selten in Länder mit exotischen Reizen, fremden Kulturen und allerlei abenteuerlichen Begebenheiten. Ich zum Beispiel arbeite am Deutschen Archäologischen Institut in Berlin, einer Forschungseinrichtung des Auswärtigen Amtes. Meine Abteilung ist auf Eurasische Archäologie fokussiert und ich selbst bin in Russland, genauer im Nordkaukasus, tätig. Dies ist nun eine Weltgegend, die in der Öffentlichkeit nicht gerade als ein Ort friedlicher Ruhe gilt. Zusammen mit den dortigen Kollegen ist es jedoch problemlos möglich sich sicher zu bewegen und zu arbeiten. Die Abenteuer lauern hier eher auf den Märkten, an denen es gilt für 20 Personen genügen Lebensmittel aufzutreiben, in der Frage „Hält der Geländewagen die Holperpiste aus und reicht das Benzin?“, oder wie verhandelt man mit dem Schäfer über Gruben im Boden, in die seine Tiere stürzen könnten. Was mich an der Arbeit auf der Ausgrabung fasziniert ist diese alltägliche Konfrontation mit dem Unvorhergesehenem, neuen Befunden im Boden, neue Kulturlandschaften zu entdecken aber genauso auch die Begegnung mit neuen Menschen, seien es neugierige Besucher oder die lokalen Schäfer, die auf einen Schwatz vorbeikommen. Und sich im Sommer im Gebirge körperlich zu betätigen, denn auch harte physische Arbeit gehört zu unserem Beruf, hat vieles für sich. Damit ist aber auch ein 8 Stunden-Arbeitstag eine Illusion. Man arbeitet auf einer Expedition solange es notwendig ist, um alle Aufgaben des Tages zu erledigen. Denn nach dem Ausgraben fließt mindestens so viel Zeit in die genauere Katalogisierung der gefundenen Objekte, die schriftliche und zeichnerische Dokumentation der Ausgrabungsergebnisse uvm. Dateneingabe, technisches Zeichnen, Fotografieren, Geoinformatik sind heutzutage übliche Aktivitäten nach der Ausgrabung. Bei dieser verlässt man sich immer noch auf Spaten, Kelle und Pinsel – aber zunehmend auch auf moderne Dokumentationstechniken wie elektronische Vermessungsgräte, dreidimensionale Geländescanner oder 3D-Fotodokumentation.
Ausgrabungen in Deutschland sind hingegen weitgehend sogenannte Rettungsgrabungen, bei denen es gilt im Vorfeld von Baumaßnahmen die archäologischen Befunde zu dokumentieren und zu bergen. Es hat seine Vor- und Nachteile: anders als ich, sind die Kollegen und Kolleginnen meist nicht allzu weit von zu Hause tätig. Andererseits arbeitet man auf Baustellen wo der zeitliche Druck für alle spürbar ist, Jahreszeiten gelten wenig und man ist nicht selten auch im Winter bei Kälte und Schnee am Ausgraben. Dies ist für die allermeisten Archäologen und Archäologinnen, die aktiv im Fach arbeiten das Alltagsgeschäft. Es gibt es aber auch andere Arbeitsfelder, in denen mehr und mehr Archäologen und Archäologinnen tätig sind, so der Museumsbereich, Wissenschaftsjournalismus und zunehmend auch Wissenschaftsmanagement. Insgesamt ist der Arbeitsmarkt im letzten Jahrzehnt breiter geworden, durch die Stellen auf den Rettungsgrabungen ist ein Einstieg in den Beruf leichter, der Weg in die Forschung ist jedoch nach wie vor lange und steinig.
Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Studium der Altertumswissenschaften entschieden?
Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, auf deren Gipfel die Stammburg des mittelalterlichen Kaisergeschlechts der Hohenstaufen stand. Geschichte war dort im Grunde immer präsent. Dies hat mir gezeigt, dass die Vergangenheit in unserem täglichen Leben eine enorme Rolle einnimmt und die Fragen nach dem „Was steckt dahinter?“ geweckt.
Die Archäologie ist es dann geworden, weil sich hier in einer ungewohnten Art aktive physische Tätigkeit in Teamarbeit mit wissenschaftlichem Forschen am Schreibtisch, in Archiven und Bibliotheken vereint. Dies bezieht sich nicht nur auf die Möglichkeit zu ungewöhnlichen Aufenthalten in ungewöhnlichen Ländern, sondern auch auf die normalen Aktivitäten vor der „Haustüre“. Ausgraben macht schließlich auch Spaß und das ist etwas, was man in der Berufswahl durchaus berücksichtigen kann.
Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierende erfüllt?
In unserem Fach ist es nicht einfach sich für einen aktuellen Beruf zu entscheiden. Die Stellen an Forschungseinrichtungen sind knapp und meistens zeitlich befristet. Auch ich habe während des Studiums und danach lange Jahre auf Rettungsgrabungen in Deutschland gearbeitet, obwohl meine eigentlichen Interessen eher in der Forschung lagen. In die Wissenschaft „zurückzukehren“ ergab sich für mich 2004 mit einem Stipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, das mich zwei Jahre nach Moskau führte. Von dort aus war der Weg an eine Forschungseinrichtung einfacher und ich konnte eigene Projekte einwerben.
Insgesamt sind die Berufswege in unserem Fach nicht klar vorgezeichnet. Ein hoher Grad an Flexibilität und Eigeninitiative ist notwendig, um mit räumlich wie inhaltlich wechselnden Aufgabenstellungen umzugehen. Wichtiger als ein konkreter Berufswunsch ist es daher vielleicht, eine klare Vorstellung davon zu haben, was man mit der Tätigkeit als Archäologe oder Archäologin für sich und andere erreichen will.
Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?
Ich war seit meinem ersten Semester in den Semesterferien auf Ausgrabungen tätig, oft auch im Ausland. Archäologie ist auch ein Handwerk – und dies lernt man am besten in der Praxis. Ohne meine langjährige Tätigkeit als Studentin in unterschiedlichen Aufgabenbereichen und an vielen verschiedenen Orten hätte ich nicht als Leiterin von großen Ausgrabungsexpeditionen bestehen können. Ich habe dort nicht nur die praktischen Aufgaben, sondern auch die Organisation einer Ausgrabung und ihrer anschließenden Ausarbeitung bis hin zur Präsentation etwa in einer Ausstellung gelernt.
Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?
Wie bereits gesagt, praktisches Arbeiten ist das wichtigste. Mittlerweile werden aber technische Aspekte wie Datenverarbeitung, Geoinformatik, Fotogrammmetrie u. ä. immer wichtiger. Erwirbt man rechtzeitig Kenntnisse in diesen Bereichen und lernt sie in der Praxis anzuwenden, erleichtert man sich vieles – im Studium wie im anschließenden Beruf.
Ist man eher künstlerisch als technisch begabt, lohnt es sich technisches Zeichnen und Fotografieren zu erlernen. Zeichner und Zeichnerinnen sind auf Ausgrabungen und danach sehr begehrte Arbeitskräfte und haben auch immer gute Aussichten auf studentische Hilfskraftstellen.
Sprachen sind schließlich ein wichtiges Hilfsmittel für jeden. Will man sich nicht allein in der heimischen Archäologie bewegen, ist Englisch ein Muss und weitere Fremdsprachen wie Französisch, Italienisch, Russisch oder Türkisch ausgesprochen hilfreich.
Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja, meinen ersten Fund eines Rollsiegels auf eine Ausgrabung in Israel 1991. Und natürlich die vielen netten Abende und Ausflüge, die man mit den Expeditionsteams verbringt. Dies sind Momente, die man nicht vergisst.
Welchen Rat würden Sie StudienanfängerInnen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?
Auch wenn es heute im B.A.-Studienmodus schwierig ist, sollten Studienanfänger möglichst früh beginnen auf Ausgrabungen mitzuarbeiten und/oder als Praktikanten bzw. Hilfskräfte versuchen in Projekten oder Museen tätig zu werden. Dies zeigt Eigeninitiative und schärft schnell den Blick dafür, ob man mit den Aufgaben der Archäologie klar kommt. Wie gesagt, Archäologie ist eine Wissenschaft, aber auch ein Handwerk und erfordert oft ein nicht geringes Maß an Improvisationskunst. Wer mit der praktischen Seite des Berufes nicht klar kommt oder diese zu spät beginnt, hat später Probleme. Es fehlen Erfahrungen und die Vernetzung z. B. in die regionalen Denkmalämter, zu Grabungsfirmen oder Museen. Diese sind für den Berufseinstieg oft wichtiger als exzellente Noten ohne Praxisbezug.