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Islamwissenschaft (M.A.)

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Nushin Atmaca, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Diversitätsentwicklung am Museum für Islamische Kunst

Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor: Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?

Gemeinsam mit einer Kollegin bin ich am Museum für Islamische Kunst dafür zuständig, das Haus stärker für die Stadtgesellschaft zu öffnen. Unsere Aufgabe ist es, Prozesse anzustoßen und Strukturen zu entwickeln, die nachhaltig eine größere Diversität ermöglichen. Im Fokus stehen dabei die Bereiche Personal, Publikum und Programm sowie die damit verbundene Frage nach abzubauenden Zugangsbeschränkungen. Wir arbeiten viel im Team; gemeinsam mit Kolleg*innen entwickeln wir Inhalte, die nicht nur die Themen des Museums vermitteln, sondern vielfältige Perspektiven aufgreifen und reflektieren. Gemeinsam mit Partner*innen aus der Berliner Stadtgesellschaft konzipieren wir Veranstaltungen und führen diese durch. Das Museum kann so von einem autoritativen Ort der Wissensvermittlung zu einem Ort des Austauschs, des Gesprächs und des Zuhörens werden.

Momentan arbeite ich Teilzeit, so dass mein Arbeitstag am frühen Nachmittag endet. Das war eine bewusste Entscheidung, damit Familie, Beruf und ein berufsbegleitendes Studium – ich studiere im Master „Kulturen des Kuratorischen“ an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig – für mich vereinbar bleiben.

Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierende/r erfüllt?

Ich war bereits vorher am Museum für Islamische Kunst tätig und habe mich dann auf diese Stelle beworben. Auch wenn mir meine beruflichen Entscheidungen oftmals zufällig erschienen und nicht strategisch waren, so erkenne ich nun doch die Fäden, die sie und meine Interessen zusammenhalten: Meine erste Stelle nach dem Studium war die der Direktionsassistenz am Leibniz-Zentrum Moderner Orient, in deren Rahmen ich auch öffentliche Bildungsveranstaltungen entwickelt und durchgeführt sowie entsprechende Artikel im journalistischen und populärwissenschaftlichen Bereich publiziert habe. Über das Interesse am Wissenstransfer bin ich ans Museum für Islamische Kunst gekommen, wo ich zuerst ein Outreach-Projekt geleitet habe, in dessen Rahmen wir mit Jugendfreizeiteinrichtungen zusammengearbeitet haben. Für meine jetzige Stelle habe ich mich entschieden, weil ich diskriminierungskritische und diversitätssensible Arbeit nicht nur für immens wichtig, sondern für eine Frage der Gerechtigkeit sowie für eine Grundvoraussetzung einer intakten Gesellschaft halte. Dabei haben mich Fragen nach Sichtbarkeit, nach Identitätskonstruktionen und Zuschreibungen sowie nach „Sprechen über“ schon während meines Studiums interessiert. Als Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes bin ich diesen Fragen zudem aus einer muslimischen Perspektive nachgegangen und nun untersuche ich sie entlang rassistischer Strukturen, die unsere Gesellschaft, unsere Institutionen und Debatten bis heute prägen. Was mir dabei oft schmerzlich bewusst wird ist, dass die Ansätze, die wir in unserem Fach heute für selbstverständlich halten – post- und dekoloniale Ansätze, das Reflektieren der eigenen Positionalität, das Sichtbarwerden marginalisierter Positionen – außerhalb dessen weit weniger akzeptiert und viel stärker in Frage gestellt werden.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?

Die Relativität und Relationalität unserer eigenen Perspektive. Genauso wie es nicht „den Islam“ gibt, unterscheidet sich unsere Wahrnehmung von Vergangenheit und Gegenwart oft abhängig von Ort, Zeit, Erfahrungen, Zuschreibungen und Positionierungen innerhalb von (Macht)Strukturen. Dieses Wissen hilft mir, meine Perspektive und die anderer Menschen zu kontextualisieren. Gleichzeitig zeigt sie mir, wie wichtig und berechtigt es ist, sich für die Sichtbarkeit vielfältiger Stimmen und Perspektiven einzusetzen, die bislang auch in Systemen der Wissensproduktion weniger ernst genommen und damit marginalisiert werden.

Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?

Ich glaube, das Studium einer Regionalwissenschaft qualifiziert für viele Berufe – es ändert den Blick auf das, was wir (alltäglich) sehen, lesen und hören. Es verlangt, genau hinzuschauen und sich selbst in Frage zu stellen. Das sind in meinen Augen Qualifikationen, die sich kaum in Fortbildungskursen erwerben lassen und die für mich in meinem jetzigen Beruf essentiell sind. Wenn es möglich ist, durch studentische Tätigkeiten und bezahlte Praktika in unterschiedliche Berufsfelder hineinzuschnuppern und Kontakte zu knüpfen, sind das tolle Gelegenheiten. Und ansonsten: Auch berufsbegleitend sind Zusatzfortbildungen möglich.

Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Arabisch zu lernen: Es ist eine Sprache, der ich emotional sehr verbunden bin. Unsere Exkursion nach Saudi-Arabien 2008 mit Ulrike Freitag: unvergessen und unvergesslich. Theologie- und Exegese-Seminare: meine heimliche Leidenschaft. Ein Seminar zu Dichtung und Dissens: Zeitgenössische arabische Poesie als Medium des Widerstands.

Welchen Rat würden Sie Masterstudierenden geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?

Ganz konkret auf meine jetzige Tätigkeit bezogen: Hier hilft die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtstrukturen, mit Fragen von Marginalisierung und Ausgrenzung, mit der Fortsetzung kolonialer Strukturen in der Gegenwart sowie das Nachdenken über sich selbst: Aus welcher Position heraus spreche ich? Und welchen Projektionen bin ich ausgesetzt?

Generell würde ich sagen: Wenn es einen ganz konkreten Berufswunsch gibt, mag es gut sein, über eine Strategie nachzudenken – wie komme ich dahin und was brauche ich dafür? Dabei und ansonsten: loslassen und treiben lassen. Vieles fügt sich.