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Bildgattungen und Kunsttendenzen der französischen Malerei (Kunstgeschichte)
1. Teilaufgabe Bildgattungen
Die Kunstgeschichte unterscheidet gemeinhin fünf Bildgattungen der Malerei nach dem dargestellten Gegenstand. Einige haben eine lange Tradition wie die Historienmalerei, die geschichtliche Ereignisse, mythologische und religiöse Inhalte oder literarische Sujets zur Darstellung bringt. Auch das Porträt ist in Form des Herrscherbildnisses bereits in der frühen Geschichte der französischen Malerei vertreten. Andere Gattungen prägen sich erst allmählich aus oder gewinnen zu einer bestimmten Zeit, bei bestimmten Künstlern und Künstlerinnen entscheidend an Bedeutung wie die Genremalerei mit ihren Motiven des alltäglichen Lebens, die Landschaftsmalerei und das Stillleben. Mit den Versuchen der normativen Reglementierung der Malerei infolge ihrer Institutionalisierung mit der Gründung der Académie royale de peinture et de sculpture im 17. Jahrhundert erfolgte eine Hierarchisierung der Bildgattungen, wobei der Historienmalerei der höchste Rang zukam. Dies änderte sich im 19. Jahrhundert, als immer mehr Mischformen entstanden und insbesondere Genre- und Landschaftsmalerei zu neuem Ruhm gelangten. Nicht nur die Gattungshierarchie geriet damit ins Wanken, auch die allgemeine Differenzierung der Bildgattungen wurde erschwert – eine Differenzierung, die mit der abstrakten Malerei des 20. Jahrhunderts schließlich jede Funktion verlor.
Ordnen Sie die folgenden fünf Beispielbilder je einer Gattung zu!
Élisabeth Vigée-Lebrun, Marie Antoinette à la rose (1783)
Quelle: Wikimedia Commons — Louise Élisabeth Vigée Le Brun [Public domain]
Gustave Courbet, Un enterrement à Ornans (1849-50)
Quelle: Wikimedia Commons — Gustave Courbet [Public domain]
Odilon Redon, Le coquillage (1912)
Quelle: Wikimedia Commons — Odilon Redon [Public domain]
Berthe Morisot, Dans les blés (1875)
Quelle: Wikimedia Commons — Berthe Morisot [Public domain]
Eugène Delacroix, Le 28 juillet: La liberté guidant le peuple (1830)
Quelle: Wikimedia Commons — Eugène Delacroix [Public domain]
Élisabeth Vigée-Lebrun, Marie Antoinette à la rose (1783)
Nicht viele Malerinnen konnten sich im 18. Jahrhundert in der männerdominierten Kunstwelt Frankreichs durchsetzen. Élisabeth Vigée-Lebrun ist zweifellos die berühmteste von ihnen. Diesen Ruhm erlangte die Lieblingsmalerin von Marie Antoinette vor allem durch ihre Bildnisse der Königin und Porträts von Adligen. Marie Antoinette war es auch, die sich erfolgreich für eine Aufnahme von Vigée-Lebrun als Porträtmalerin in die Académie royale de peinture et de sculpture einsetzte.
Gustave Courbet, Un enterrement à Ornans (1849-50)
Vom Sujet her handelt es sich bei dieser ungeschönten Darstellung eines dörflichen Begräbnisses ohne Zweifel um ein Genrebild. Nicht allein aufgrund des Dargestellten löste das Gemälde jedoch einen Skandal aus, als es beim Salon, der jährlichen Pariser Kunstausstellung, gezeigt wurde. Mit den gigantischen Maßen von 315 × 668 cm bediente sich der Maler eines Formats, das bis dahin eigentlich nur der Historienmalerei zustand. Indem auf diese Weise nicht nur Helden der Antike oder christlichen Heiligen, sondern auch der einfachen Dorfbevölkerung eine überlebensgroße Daseinsberechtigung innerhalb der Malerei zugesprochen wurde, erfolgte eine beachtliche Infragestellung der traditionellen Gattungshierarchie.
Odilon Redon, Le coquillage (1912)
Seine erste große Blüte erlebt das Stillleben in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Neben Früchten und Blumen werden kostbare Gegenstände, Jagdbeute und auch Muscheln dargestellt. Im 18. Jahrhundert findet sich mit Jean-Siméon Chardin dann auch in Frankreich ein Meister der Stilllebenmalerei. Während Redon mit diesen Vorgängern einerseits das Interesse an den changierenden Farbigkeiten und Erscheinungsweisen des Gegenstandes teilt, so unterscheidet sich sein Stillleben andererseits in doch entscheidender Weise: Jede mimetische Kontextualisierung des dargestellten Gegenstandes fehlt, keine Felsen, kein Tisch verweisen auf den Fundort oder eine menschliche Aneignung. Stattdessen löst sich der Hintergrund weitgehend auf, oszilliert zwischen Flachheit und Tiefe.
Berthe Morisot, Dans les blés (1875)
Landschaften wurden lange Zeit nur als Beiwerk in religiösen Darstellungen zugelassen und als sogenannte heroische Landschaftsmalerei mit Gestalten der antiken Mythologie ausgestattet wie im 17. Jahrhundert bei Nicolas Poussin und Claude Lorrain. In Frankreich gewann die Landschaftsmalerei erst im 19. Jahrhundert mit dem romantischen Wunsch nach einer geistigen Versenkung in die Natur sowie dem Anspruch ihrer entidealisierten Erschließung durch die Maler von Barbizon zunehmend als eigenständige Gattung an Bedeutung. Auch bei Morisot ist keine Idealisierung, Heroisierung oder Dramatisierung der Landschaft festzustellen: Der Bildbetrachter blickt auf ein einfaches Weizenfeld, einen Weg und einen Wanderer, im Hintergrund werden Häuser und Wälder angedeutet. Wichtig wird nun aber zudem die Materialität der Malerei, wenn man die gut sichtbaren Pinselstriche, die skizzenartige Darstellung der menschlichen Figur und den in seiner Farbigkeit flächig hervortretenden gelben Streifen betrachtet, dem das Bild seinen Titel verdankt.
Eugène Delacroix, Le 28 juillet: La liberté guidant le peuple (1830)
Wie eines der bekanntesten Bilder der französischen Malerei zeigt, kann Historienmalerei auch höchst politisch sein, wenn sie auf aktuelle Ereignisse wie die Julirevolution von 1830 Bezug nimmt, mit der die Bourbonen abgesetzt wurden und das Bürgertum mit dem Roi citoyen Louis-Philippe seinen großen Aufschwung erlebte. Mit der fahnenschwingenden Frauengestalt im Mittelpunkt schuf Delacroix nicht nur ein wirkmächtiges Symbol der Freiheit. Ihre Einbindung in einen pyramidalen Aufbau, die geradezu frontale Ausrichtung des Bildes auf die heranstürmenden Barrikadenkämpfer und der starke Hell-Dunkel-Kontrast bewirken auch eine dramatische Zuspitzung, durch die der tatkräftige Elan und die siegreiche Überzeugung der Revolutionäre visuell vermittelt werden. Nicht ohne Grund wanderte das vom Staat erworbene, aber wohl als zu aufwieglerisch eingestufte Bild daher auch nach seiner vielbeachteten Präsentation beim Salon von 1831 sogleich ins Depot.
Landschaftsmalerei
Stillleben
Porträt
Historienmalerei
Genre
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2. Teilaufgabe Kunsttendenzen
Deutlich schwieriger als die Differenzierung von Bildern nach Gattungen ist der Versuch ihrer historischen Klassifizierung anhand darstellungsspezifischer Merkmale. Schwierig ist dies in erster Linie, weil sowohl historische Bestimmungen von Zeitgenossen berücksichtigt werden müssen als auch eine systematische Kategorisierung nach distinktiven Kriterien erfolgen sollte, die zugleich der Vielfalt an künstlerischen Erscheinungsformen gerecht wird.
Versuchen Sie, die fünf Bilder je einer Kunsttendenz zuzuordnen!
Élisabeth Vigée-Lebrun, Marie Antoinette à la rose (1783)
Mit Klassizismus ist meist eine Orientierung an den klassischen Idealen der Kunst der Antike gemeint, wie dies in der Architektur besonders deutlich wird. Ebenso findet der Begriff aber auch für die akademische Malerei Frankreichs Verwendung und damit für so unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler wie bspw. Vigée-Lebrun, Jacques-Louis David und Ingres. Er ist damit weder epochal noch phänomenal eindeutig bezeichnet und dennoch – trotz des uneinheitlichen Gebrauchs – unverzichtbar.
Eugène Delacroix, Le 28 juillet: La liberté guidant le peuple (1830)
Delacroix selbst hat sich gegen eine solche Etikettierung gewandt. Doch sowohl bei seinen Zeitgenossen als auch in der kunstgeschichtlichen Forschung gilt er als Hauptvertreter der französischen Romantik. Deren Merkmale lassen sich besonders gut im Vergleich mit der klassizistischen Akademiemalerei benennen. So wird auf strenge Linearität und Glattmalerei weitgehend verzichtet. Stattdessen kommt eine lockerere Pinselführung zum Einsatz und der Ausdruckskraft der Farben wird größere Aufmerksamkeit geschenkt.
Gustave Courbet, Un enterrement à Ornans (1849-50)
Realistische Tendenzen gibt es in der französischen Malerei bereits im 17. Jahrhundert, wenn man an die Genrebilder der Brüder Le Nain denkt oder auf Georges de la Tours Erbsen essendes Bauernpaar in der Berliner Gemäldegalerie blickt. Doch erst Courbet machte sich mit seinem großformatigen Dorfbegräbnis an eine entsprechende Erneuerung der Historienmalerei. Der Verzicht auf eine Idealisierung oder moralisierende Typisierung seines Bildpersonals brachte ihm von Seiten seiner Zeitgenossen jedoch vor allem Kritik ein. Diese warfen ihm vor, nur Banales, Triviales, Hässliches zu malen, das keiner Darstellung wert sei.
Berthe Morisot, Dans les blés (1875)
1874 gilt gemeinhin als die Geburtsstunde des Impressionismus, auch wenn Maler wie Monet und Renoir, die mit dem Impressionismus in Zusammenhang gebracht werden, seit den 1860er Jahren künstlerisch tätig waren. Denn 1874 veranstaltete eine Reihe von KünstlerInnen, unter ihnen nicht nur Monet und Renoir, sondern auch Berthe Morisot, eine erste, vom staatlich organisierten Salon unabhängige Ausstellung. Diese brachte ihnen zunächst aus Spott jenen Namen ein, der noch heute für eine Malerei steht, die den flüchtigen Erscheinungen des Pariser Großstadtlebens und der augenblicklichen Eindrücklichkeit der Natur zu allen Jahres- und Tageszeiten eine angemessene Darstellungsform zu geben sucht.
Odilon Redon, Le coquillage (1912)
So wie die Romantik über eine Abgrenzung vom Klassizismus genauer bestimmt werden kann, so auch der Symbolismus über einen Vergleich mit Realismus und Impressionismus. Denn die höchst heterogenen Ausprägungen symbolistischer Malerei eint vor allem eines: eine Überwindung des Anspruchs der Wirklichkeitsdarstellung durch das Schaffen einer Ideenkunst, die über das Dargestellte hinausweist, durch Farben und schematisierende Formen die Imagination des Betrachters anregt, nur andeutet, nicht direkt zeigt.
Klassizismus
Impressionismus
Realismus
Romantik
Symbolismus
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