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Bioinformatik (B.Sc.)

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Anne-Katrin Emde, Senior Bioinformatics Scientist am New York Genome Center

Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor. Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?

Mein Jobtitel momentan ist „Senior Bioinformatics Scientist“, kurz gesagt Bioinformatiker mit mittlerweile ein paar Jahren Berufserfahrung nach meinem letzten Abschluss (Ph.D. in Bioinformatik in 2013). Ich arbeite als Mitglied eines etwa 25-koepfigen Teams von Bioinformatikern am New York Genome Center, ein non-profit Forschungsinstitut, das als Zusammenschluss der Unis und Krankenhäuser in New York und Umgebung im Jahr 2011 gegründet wurde.

Der Fokus des Instituts liegt auf DNA-Sequenzierung, das heißt Sequenzieren der DNA von zum Beispiel Krebspatienten, um zu verstehen wie solche Krankheiten auf einer genomischen Ebene aussehen und entstehen. Das NYGC ist „translational“ ausgerichtet (soll heißen: Grundlagenforschung mit möglichst direkter medizinischer oder diagnostischer Relevanz), und liegt irgendwo zwischen Industrie und Akademie. Das Institut ist noch sehr jung, und wir arbeiten an einer Vielzahl von spannenden Projekten, die sehr divers sind, zum Beispiel forschen wir an Krankheiten wie Krebs, ALS, oder Alzheimers. Wir arbeiten intern mit Projektmanagern zusammen, extern mit Arbeitsgruppen an verschiedenen Unis oder mit Industriepartnern. Momentan sind wir eigentlich noch nicht genug Leute, um die Arbeit zu bewältigen, dementsprechend sieht der Arbeitsalltag ziemlich vielfältig und teilweise hektisch aus: Meetings mit Projektmanagament, Conference Call mit einem PI, um neue Ergebnisse für das laufende Projekt zu besprechen, zwischendurch mal etwas „eigentliche“ Arbeit erledigen (das heißt programmieren, Paper lesen, wissenschaftliche Fragestellungen durchdenken, neue Methoden entwickeln, wissenschaftliche Artikel schreiben usw.). Diese Hektik ist vielleicht nicht unbedingt ganz repräsentativ für den Bioinformatikeralltag, es liegt teilweise daran, dass wir noch im „startup mode“ sind und einfach unterbesetzt. Deshalb bleibt es auch selten bei den 40 Stunden pro Woche... oft kommen noch ein paar extra Stunden am Abend dazu, gelegentlich auch am Wochenende. Wenn man in der Wissenschaft Karriere machen will, dann ist viel Einsatz gefordert. Forschungsgelder sind hart umkämpft und dementsprechend geht es ziemlich kompetitiv zu.

Typischerweise spezialisiert man sich als Bioinformatiker auf ein bestimmtes Gebiet, bei mir ist das Analysieren von DNA Sequenzdaten um strukturelle Variationen in Krebsgenomen zu detektieren und zu charakterisieren. Je nach Projekt arbeite ich eher alleine oder mit anderen zusammen und teilweise in internationalen Kollaborationen. Sowieso ist das ganze Feld sehr international; meine Kollegen kommen aus Frankreich, Portugal, Taiwan, Indien, ... einfach überall her. Jetzt arbeite ich in den USA, also ist es klar, dass Englisch gesprochen wird, aber auch schon in Berlin an der Uni waren viele Master-Vorlesungen auf Englisch, und während der Doktorarbeit musste man in Englisch publizieren. Englisch ist also eine Voraussetzung.

Warum haben Sie sich seinerzeit für dieses Studium der Bioinformatik entschieden?

Ehrlich gesagt war mir damals nicht wirklich bewusst, was Bioinformatik ist. Ich hatte mir den Stundenplan der ersten paar Semester an der FU Berlin (ich wollte nämlich nach Berlin) angeschaut und dachte „das müsste ich hinkriegen“. Wahrscheinlich nicht die beste Art vorzugehen bei der Studienwahl.. zurückblickend würde ich wahrscheinlich jedem raten, diese Entscheidung ein bisschen bewusster zu treffen und wenn möglich, vielleicht das erste Studienjahr zu nutzen unterschiedliche Fächer auszuprobieren. Für mich war damals die Entscheidung zwischen Architektur (war aber überlaufen), Medieninformatik, Bioinformatik, oder purer Informatik. Informatik war für mich eine rein strategische Entscheidung (gute Jobmöglichkeiten), ich hatte überhaupt keine Erfahrung mit Computern, allerdings war ich immer gut in Mathe und Naturwissenschaften. Mir hängt zwar manchmal noch der Gedanke nach wie wohl mein Leben jetzt wäre, wenn ich mich für Architektur entschieden hätte, allerdings weiß ich mittlerweile, dass ich gerne einen relativ flexiblen und vielseitigen Job habe, bei dem ich meiner Neugier nachgehen kann und mich dauerhaft weiterbilden muss bzw. kann. Das ist bei Bioinformatik der Fall.

Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierende erfüllt?

Nach meiner Masterarbeit habe ich mich dafür entschieden, noch weitere 3-4 Jahre ins Studium zu investieren und einen Ph.D. zu machen. Das reine akademische Arbeiten wurde mir allerdings etwas zu „trocken“ (oder vielleicht eher zu intensiv – es ist viel Einsatz und Eigenmotivation gefordert) und gegen Ende der Doktorarbeit war mir klar, dass ich höchstwahrscheinlich nicht die akademische Laufbahn einschlagen würde. Allerdings war mir nach all den Jahren Forschung und wissenschaftlichen Arbeiten auch klar, dass ich mich an viele Freiheiten, die oft mit der Forschungsarbeit kommen (sehr selbst-dirigiertes Arbeiten, flexible Zeiten), sehr gewöhnt hatte. Forschung ist etwas, wo man seiner Neugier nachgehen kann, zumindest in gewissem Rahmen. Das ist (glaube ich) in vielen anderen Berufen weniger der Fall. Insofern war für mich der Job am New York Genome Center der perfekte Kompromiss: non-profit mit akademischen sowie Industriepartnern. Der Job schien spannend, da das NYGC noch ganz neu war, mit großen Visionen und eng vernetzt mit den New Yorker Unis. Meine Erwartungen haben sich auf jeden Fall mehr als erfüllt. Die Arbeit macht mir Spaß, meine Kollegen sind super, und mein Arbeitsalltag sieht wesentlich vielfältiger aus, als ich es erwartet hatte. Mein Glück war auch, dass ich relativ früh an Bord war und somit eine gute, relativ „selbst-geformte“ Position habe.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?

Die theoretischen Grundlagen, Algorithmik, Mathematik, Statistik. Wenn ich könnte, würde ich einige Kurse nochmal mit mehr Einsatz und Fokus machen. Praktika, Studienprojekte, solche praktischen Aufgaben sind auch sehr hilfreich. Es ist schwer abzusehen, was man später mal braucht, und wahrscheinlich ist es eh am besten wenn man sich auf die Fächer konzentriert die einem am meisten Spaß machen, dann leistet man die beste Arbeit und geht automatische in die Richtung, die am besten zu einem passt.

Auch nicht zu vergessen: Gruppenarbeiten. So wie in wahrscheinlich jedem Beruf, ist es wichtig, gut als Teil einer Gruppe arbeiten zu können, und Aufgaben so aufzuteilen, dass am Schluss ein vernünftiges Gesamtprodukt herauskommt.

Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?

Projekte außerhalb der Unikurse, also z.B. Praktika oder ein Job als studentische Hilfskraft etc, sind immer hilfreich. Am besten im Ausland – sowohl für die eigene Erfahrung als auch für den Lebenslauf.

Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Hauptsächlich meine Kommilitonen... viele sind jetzt in ähnlichen Berufen wie ich. Im Grunde ist die Bioinformatik-Welt relativ klein, man sieht sich teilweise bei Konferenzen wieder oder läuft sich bei anderen Gelegenheiten wieder über den Weg.

Welchen Rat würden Sie StudienanfängerInnen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?

Bioinformatik ist ein relativ breites Feld - such dir auf jeden Fall ein Thema, das dich (aus welchem unerklärlichen Grund auch immer) interessiert und neugierig macht. Man muss schon Spaß an Bioinformatik haben, sonst macht das alles keinen Sinn.

Für Mädchen im Speziellen: Keine Angst haben! Auch wenn das Männer-Frauen-Verhältnis manchmal etwas unausgeglichen ist. Gerade Frauen unterschätzen sich leider oft. Letztendlich zählt aber, was man wirklich drauf hat, und das ist völlig geschlechtsunabhängig.