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Sprache – Literatur – Kultur: Niederländisch (B.A.)

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Birgit Erdmann, Literaturübersetzerin

Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor. Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?

Ich bin Übersetzerin von Beruf. Das bedeutet, ich arbeite selbstständig, habe keine festen Arbeitszeiten, keine Feiertagsregelungen oder Urlaubsgeld. Dafür aber eine erfüllende, vielseitige, anspruchsvolle Tätigkeit, keinen Büroalltag und Chef*in sowie die Freiheit, zu arbeiten, wie ich und wo immer ich will. Und natürlich immer einen drohenden Abgabetermin, was bedeuten kann, dass ich auch an Wochenenden und in den Ferien übersetze. Oder aber eben auch mal Tage am Stück frei habe und die Sonne genießen kann.

Der Arbeitsalltag besteht aus viel Sitzen, viel Recherche, aus der Wonne, die besten Entscheidungen für den vorliegenden Text, und die Stimme, den Stil der Autor*in zu finden. Je nach Genre – ich übersetze Sachbücher, Belletristik und Kinder- und Jugendbücher – muss man einen Text gestalten und zum Leben erwecken. Man muss sich in die unterschiedlichsten Protagonist*innen hineinversetzen können, bereist im Kopf die halbe Welt, je nachdem, wohin die Autor*in sein Personal gerade schickt, und erfährt und lernt bei jedem Buch so viel Neues, dass es einfach nur Spaß macht, sich an den Schreibtisch zu setzen. In den vergangenen Monaten war ich in Gedanken ein 14-jähriges Mädchen, das ihre Familie retten wollte, was ihr auch gelungen ist, ich war eine alte Dame, die auf ihr Leben in Indonesien zurückblickt, und gerade eben war ich noch ein Mann um die fünfzig, der in den flämischen Poldern herumzieht und den Untergang des Bauernstandes dokumentiert. So etwas durchlebt sonst nur ein*e Schauspieler*in.

Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Studium der Niederländischen Philologie entschieden?

Ich brauchte neben Kunstgeschichte ein zweites Hauptfach und fand die Sprache natürlich toll. Okay, anfangs erst niedlich, später einfach nur umwerfend direkt und treffend. Ohne großes Tamtam.

Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran erfüllt?

Ich hatte eine wunderbare Niederländischdozentin, die uns rasch animiert hat, die Sprache aktiv zu gebrauchen, und Landeskundeseminare, die mir Land und Leute näherbringen konnten.

Dann die Übersetzerseminare der beiden großen Übersetzerinnen Marlene Müller-Haas und Waldtraud Hüsmert, die uns vor scheinbar unlösbare Fragen gestellt haben und die uns beigebracht haben, groß zu denken und kreativ zu formulieren. Aber vor allem: mein Erasmusjahr in Amsterdam.

Nach einigen Jahren Festanstellung im Kulturbereich habe ich mich darauf besonnen und den großen Schritt gewagt. Ich habe es nie bereut.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?

Die niederländische Literarturgeschichte von der Ridderepiek bis zu den damals hochaktuellen Jungautor*innen. Das Sezieren von Texten und die Fabulierlust eines Drs. P kennen und verstehen zu lernen. Besonders war es, und wird es heute auch noch sein, wenn ein writer-in-residence an der FU zu Gast war. Es war sehr stimulierend, aus dem Munde eine*r Schriftsteller*in zu erfahren, wie es um die Welt, besonders die niederländische und flämische, steht, weshalb dieses und nicht jenes Thema für den Roman gewählt wurde. Es hat mich wie einen Schwamm für die Literatur saugfähig gemacht.

Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?

Vertragsverhandlungen zu führen. Als Geisteswissenschaftlerin geht mir die Härte des wirtschaftlichen Bereichs meines Berufs völlig ab. Aber ich lerne!

Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Eine Exkursion durch Flandern: Brüssel, Antwerpen, Gent. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, wie verschieden die Leute sind, die grenzübergreifend Niederländisch sprechen.

Welchen Rat würden Sie Studienanfänger*innen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?

Ich würde ihnen wohl folgendes raten: Liebe zum Text, sich nicht unterkriegen lassen, auf Kollegialität setzen. Und Sitzfleisch natürlich.