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Informatik für das Lehramt (B.Sc.)

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Dr. Martin Kurze, Director Research & Innovation

Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor. Wie sieht Ihr Berufsalltag aus (typische Tätigkeiten, Arbeitszeiten etc.)?

Als „Director Research & Innovation“ bei der Forschungseinheit eines großen deutschen Telekommunikationskonzerns verantworte ich ein Innnovationsthema, in meinem Fall Endgeräte und die darauf laufende Betriebs-Software, und entwerfe, leite und transferiere F&E-Projekte (Forschung und Entwicklung). Dies beinhaltet die Auswahl und Ausarbeitung neuer Themen, das Zusammenstellen und Führen von Projekt-Teams und die gesamte Projektleitung inklusive Partnermanagement, Budgetverantwortung, Kommunikation etc.

Ein großer Teil der Arbeit besteht aus Kommunikation und Koordination: Mitarbeiter, Forschungspartner und konzern-interne Abnehmer („Kunden“) müssen unter einen Hut gebracht werden, und dabei ist stets das eigentliche (inhaltliche) Ziel im Auge zu behalten. Diese Arbeit erfordert neben dem fachlichen Know-How (das auch immer auf dem aktuellen Stand gehalten werden muß) vor allem den Umgang mit sehr unterschiedlichen Menschen, deren Zielen und Charakteren: Produkt-Manager wünschen sich ein sofort verkäufliches Produkt, Mitarbeiter eine interessante Arbeit und Partner (Lieferanten) eine gute Bezahlung für überschaubare Entwicklungs-Leistung. Da die konkreten Projekt- und Innovationsthemen sich immer wieder neu ergeben, muß man sich immer wieder auf neue Fragestellungen und Menschen einlassen.

Und natürlich muß man rechtzeitig für sich selbst und das Kernteam neue Themen und Aufgaben finden/definieren.

In dieser Position ist „Flexibilität“ das wohl wichtigste Attribut der Tätigkeit, in jeder Hinsicht: Die Projekte unterscheiden sich inhaltlich und formal (z.B. in der Größe), die Arbeitszeit ist zwar vertraglich geregelt (ca. 40 Stunde/Woche), aber wann diese 40 Stunden anfallen und ob sie für die Aufgaben ausreichen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und teilweise auch von mir selbst zu steuern: Wenn ich viel mit Partnern aus den USA arbeite und deswegen oft abends telefoniere, kann ich auch später morgens beginnen. Und ob ich im Büro, beim Partner/Kunden, auf dem Flughafen oder auch gelegentlich im home office arbeite, kann ich mir (in Grenzen) selbst einteilen. Wichtig sind die Ergebnisse und die Minimierung des zu ihrem Erreichen benötigten Aufwands.

Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Lehramtsstudium der Informatik entschieden?

Die Lehre, d.h. der Umgang mit jungen Erwachsenen und die Vermittlung von Fachwissen und Fertigkeiten, hat mich schon in meiner beruflichen Tätigkeit nach dem Abitur und vor dem Studium sehr gereizt. Deswegen wollte ich Gymnasiallehrer werden. Die Fächer Chemie und Informatik habe ich gewählt, weil sie mir liegen und Lehrer in diesen Fächern gesucht wurden. Zudem legte ich seinerzeit noch großen Wert auf eine gesicherte Position („Beamtenstatus“) und planbare „Karriere“.

Wann haben Sie sich für Ihren aktuellen Beruf entschieden und haben sich Ihre Erwartungen daran, ggf. aus Ihrer Zeit als Studierender erfüllt?

Während des Studiums habe ich dann meine Leidenschaft für das Fach Informatik entwickelt. Natürlich mochte ich auch Chemie und den Lehrberuf, den ich durch zahlreiche Schulpraktika recht gut einzuschätzen lernte, jedoch haben mir die Informatik und die verschiedenen Studenten-Jobs auf deren Grundlage sowie die Erfahrung als „Freiberufler“ (neben dem Studium) gezeigt, daß das Leben, insbesondere das Berufsleben, auch andere Möglichkeiten bietet, mit (jungen) Menschen zu arbeiten. Außerdem hat mich die Wissenschaft gereizt, was dann auch in der Promotion mündete. Spätestens in der Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und in der Arbeit in internationalen Drittmittelprojekten habe ich dann entschieden, die höhere Jobsicherheit gegen einen deutlich vielseitigeren Arbeitsalltag zu tauschen.

In meiner aktuellen Firma und Position arbeite ich immer noch viel mit Studenten und jungen Wissenschaftlern zusammen, zusätzlich auch mit erfahrenen Praktikern und Managern. Daher kann man wohl sagen, dass sich meine (gewandelten) Erwartungen erfüllt haben. Natürlich hat es auch viele Überraschungen gegeben, positive und weniger positive, aber die Konsequenzen, die sich aus der Re-Fokussierung ergeben haben, entsprechen im wesentlichen den damaligen Erwartungen.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?

  1. Sehr solide wissenschaftliche Grundlagen der Informatik auf Universitätsniveau. Auch wenn sich in den letzten 25 Jahren viel geändert hat (gerade in der Informationstechnik), kann ich noch immer mithalten, wenn frische Uniabsolventen sich über aktuelle Informatikthemen unterhalten. Das Informatik-Studium an der FU Berlin zielt(e) eben nicht auf eine Berufsqualifikation als Lehrer, sondern auf eine wissenschaftliche Qualifikation als Informatiker.
  2. Interdisziplinarität: Durch den Anteil „Erziehungswissenschaften und weitere Sozialwissenschaft“ als Teil des Studiums habe ich gelernt, mit Fachleuten aus sehr „computer-fernen“ Fachgebieten zu diskutieren und zu arbeiten. Dabei habe ich auch zu respektieren gelernt, dass Wissenschaft nicht nur Naturwissenschaft ist und die Technik selten allein ein Problem der Menschen löst.

Welche Zusatzqualifikationen sollte man schon während des Studiums erwerben, die für Ihren jetzigen Beruf nützlich oder essentiell sind?

Betriebswirtschaft kann man (wie ich) auch durch „Learning by Doing“ erlernen. Jedoch ist es einfacher, schneller und solider, sich eine inhaltliche Qualifikation in einer strukturierten Schulung oder Ausbildung anzueignen. Der formale Abschluß „MBA“ o.ä. ist dann nur für die Bewerbungsphase wichtig. In der Berufstätigkeit kommt es eher auf die tatsächliche Kompetenz an.

Gibt es etwas im Studium, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Der „Studentenstreik“ in den späten 80er Jahren. Die Erfahrung, zusammen mit anderen Studenten diverser Fachrichtungen sich für eine gerechte Sache zu engagieren und dafür auch persönliche Nachteile (Studienverlängerung etc.) in Kauf zu nehmen, bewegt mich noch heute: Einerseits war der „Streik“ damals wirklich eher unbedeutend (verglichen mit den 68er oder mit den Demonstrationen heute in anderen Regionen der Erde), andererseits stelle ich fest, dass Studenten in Berlin heute praktische keine Zeit, Gelegenheit oder Motivation haben, sich noch so zu engagieren wie die Studenten der 80er.

Welchen Rat würden Sie StudienanfängerInnen geben, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben möchten?

Studiert die Grundlagen Eurer Wissenschaft.

Eine kurzfristige Ausrichtung an Spezialkompetenzen fürs Geldverdienen führt langfristig in Sackgassen. Schaut in andere Fächer und Studiengänge, auch wenn Ihr dadurch vielleicht ein Semester länger studiert.

Und: Klebt nicht an den Zielen, die Ihr Euch anfangs gewählt habt. Wenn Ihr feststellt, dass ein anderes Gebiet oder Ziel Euch mehr reizt, schwenkt ggf. nach einem definierten Punkt um. Aber macht einen (guten) Abschluß.

Und: Praktika und (Semesterferien)jobs in möglichen Zielbranchen helfen enorm bei der Wahl des Arbeitgebers und zeigen diesem, dass man in der Lage ist, mit seiner wissenschaftlichen Ausbildung einen echten Mehrwert für die Industrie zu bieten.